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Forschungsprojekt TIMpuls prüft Brandverhalten mehrgeschossiger Holzgebäude

Die Nachfrage nach dem Baustoff Holz steigt. Für das brandschutztechnisch sichere Bauen von mehrgeschossigen Holzgebäuden existiert derzeit jedoch nur ein beschränktes Regelwerk. Das wollen Forscher der TU München, der TU Braunschweig, der Hochschule Magdeburg-Stendal und des Instituts für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge im Rahmen des Projekts TIMpuls ändern.

„Ziel des Forschungsvorhabens ist es zu zeigen, dass Holzgebäude genauso brandsicher wie massive Gebäude konstruiert werden können“, erklärt Prof. Jochen Zehfuß, Leiter des Fachgebiets Brandschutz am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig. Um das Bauen bis zur Hochhausgrenze (22 m) geregelt zu ermöglichen, wurden auf dem Forschungscampus Garching der TU München im Januar und Februar Großbrandversuche durchgeführt.

Großbrandversuche beim Forschungsprojekt TIMpuls zeigen: Holzgebäude können Zimmerbrände überstehen

Das Forschungsteam baute Brandräume im Maßstab 1 zu 1 auf, die mit Holz vollgestellt waren. „Wir simulierten dabei Wohnungen mit einer realen Brandlast, also mit vielen Büchern und Einrichtungsgegenständen“, berichtet Thomas Engel vom Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion der TU München. An der TU Braunschweig waren zuvor umfangreiche Klein- und Großversuche sowie numerische Untersuchungen durchgeführt worden, auf deren Grundlage die Wissenschaftler die Bauteile für die realmaßstäblichen Versuche festgelegt hatten. Die Versuche fanden auf dem Gelände der Werksfeuerwehr statt. Denn auch die Analyse der Brandbekämpfung durch die Feuerwehr gehört zum Projekt. In den Versuchen wurden verschiedene Holzbauweisen und Brandschutzmaßnahmen betrachtet. So etwa die Bekleidung massiver Holzwände und der Decke mit Gipsplatten oder auch die Holztafelbauweise, bei der zwischen Holzrippen Dämmmaterial eingebracht wird. Durch diese Maßnahmen konnte, je nach Ausführung, ein Äquivalent zum Stahlbeton oder Mauerwerk in Sachen Brandschutz erreicht werden.

Sichtbare Holzoberflächen gewünscht

Bei einem ersten Referenzversuch waren sowohl die Wände als auch die Decke des Brandraums zweimal mit 25 mm dicken Gipsplatten bekleidet. Nachdem aufgeschichtete Holzscheite, die die Einrichtungsgegenstände im Gebäude simulierten, verbrannt waren, erlosch das Feuer. „Wie bei einem Gebäude aus nichtbrennbaren Baustoffen, bei dem das Feuer, nachdem die Brandlast im Haus verbrannt ist, von selbst ausgehen soll“, erklärt Thomas Engel. Allerdings: Die meisten Menschen, die in Holzgebäuden wohnen, wünschen sich in ihrer Wohnung mindestens eine sichtbare Holzwand oder eine sichtbare Holzdecke. „Wir wollten daher unter anderem auch prüfen, wie viel sichtbares, also unbekleidetes Holz kann man zulassen.“ Diese Szenarien simulierten die Forscher in vier weiteren Versuchen:

• sichtbare Holzdecke, alle Wände mit 18 mm Gips bekleidet

• Holztafelbaudecke, zwei gegenüberliegende sichtbare Massivholzwände aus Brettsperrholz sowie zwei bekleidete Holztafelbauwände

• sichtbare Brettschichtholz-Decke und vier mit 36 mm Gips bekleidete Holztafelbauwände

• ein Raum mit einer sichtbaren Brettschichtholzdecke, einer sichtbaren Brettsperrholzwand und drei bekleideten Holztafelbauwänden

400 Messstellen im Gebäude

In den Brandräumen wurden jeweils etwa 400 Messstellen verbaut. „Wir wissen daher zum Beispiel genau, in welcher Tiefe der Wand welche Temperatur herrscht“, sagt Prof. Stefan Winter, Leiter des Lehrstuhls für Holzbau und Baukonstruktion. Strömungssensoren können zudem viel über das Flammenbild und die freigesetzte Energie aussagen. „Das entscheidende Ergebnis unseres Projektes ist, dass wir die Basis für Regelwerke liefern können, indem wir die Rahmenbedingungen zeigen, unter denen sicher mit Holz gebaut werden kann“, so Winter weiter. Wie die Umsetzung in die Bauordnungen im Detail erfolgt, ist auch eine politische Entscheidung. „Wenn wir zeigen können, dass die Tragfähigkeit des Holzgebäudes auch nach zwei Stunden Vollbrand erhalten bleibt, kann davon ausgegangen werden, dass in Deutschland die Feuerwehr längst vor Ort ist.“ Die Auswertung der Versuche werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Winter: „Wir haben eine riesige Datenmenge gesammelt, die uns nicht nur hilft, den Brandschutz bei Holzgebäuden zu bewerten, sondern auch wissenschaftliche Einblicke in den Brandverlauf liefert.“

Über das Projekt

TIMpuls wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) mit insgesamt 950000 Euro bis April 2021 gefördert. Eine Kofinanzierung der Holzwirtschaft erfolgt koordiniert über den Landesinnungsverband des Bayerischen Zimmererhandwerks. Der Anteil der TU Braunschweig im Teilprojekt „Beurteilung der brandschutztechnischen Leistungsfähigkeit von Bauteilen und Systemen“ liegt bei 480000 Euro. Am Projekt sind die TU München, die TU Braunschweig mit dem Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB), die Hochschule Magdeburg-Stendal und das Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge beteiligt.

Quelle (59)

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