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Reaktive Brandschutzbeschichtungen und Brandschutzsysteme

Unter reaktiven Brandschutzbeschichtungen werden Beschichtungen verstanden, die bei Temperatureinwirkung reagieren und dann eine schaumartige Schutzschicht bilden. Je nach Schichtdicke und Untergrund können so unterschiedliche Feuerwiderstandsdauern realisiert werden.

Da die Produkte, z.B. auf Stahl, mit einer Grundierung und einem Decklack kombiniert werden, spricht man auch von "reaktiven Brandschutzsystemen", da die brandschutztechnische Schutzwirkung nur in dem System nachgewiesen wurde.

Die Systeme unterscheiden sich hinsichtlich der Anwendung im Innen- und Außenbereich, da diese Systeme auf Feuchtigkeit im Endanwendungszustand sensibel reagieren können. Die bekannten Systeme sind auf Lösemittel- oder Wasserbasis hergestellt. Sie können im Streich-, Roll- oder Airless-Spritzverfahren aufgebracht werden.

Vorteile der Beschichtungen sind, dass sie relativ dünn aufgetragen werden und so auch das gestalterische Element der Bauteile hervortreten lassen können. So kann Brandschutz und Gestaltung sehr gut in Einklang gebracht werden. Sie stellen allerdings auch eine in brandschutztechnischer Hinsicht sehr anspruchsvolle Aufgabe dar, sodass die Arbeiten nur von Hersteller speziell geschulten Fachfirmen vorgenommen werden dürfen.

Anwendung auf Stahlbauteilen

Stahl verliert bei ca. 500 °C seine Tragfähigkeit. Bei einer geringeren statischen Ausnutzung steigt diese kritische Temperatur an, d.h. es sind auch höhere Temperaturen am Stahlbauteil zulässig. Im Allgemeinen liegen den deutschen Nachweisen jedoch die 500 °C zugrunde.

Zur Anwendung von reaktiven Brandschutzsystemen auf Stahlbauteilen stehen zwei Nachweismöglichkeiten zur Verfügung. Zum einen eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung in Kombination mit einer allgemeinen Bauartgenehmigung (aBG) und alternativ eine Europäisch Technische Bewertung (ETA) in Verbindung mit einer aBG.

Die erreichte Feuerwiderstandsdauer hängt von dem vorhandenen Stahlprofil und der daraus für die Feuerwiderstandsdauer erforderlichen Schichtdicke ab. Bei ein und derselben Feuerwiderstandsdauer variiert die Schichtdicke.

Zur Bestimmung der erforderlichen Schichtdicke ist die Berechnung des U/A-Wertes erforderlich. Dieser Wert kennzeichnet das Verhältnis von Umfang zur Querschnittsfläche des Stahlbauteils. Dabei sind die beflammten Umfangflächen zu betrachten. Wenn z.B. auf einem Stahlträger eine Betonplatte aufliegt, werden nur die frei sichtbaren Flächen berücksichtigt. In DIN 4102-4 sind Berechnungsformeln sowie vereinfachte Ansätze zur Berechnung vorhanden. Es gilt, dass geringe U/A-Werte ein massiges, schweres Bauteil darstellen, während hohe U/A-Werte filigrane und leichte Querschnitte abbilden. Mit steigendem U/A-Wert verringert sich die eigene Feuerwiderstandsfähigkeit des Bauteils, sodass die Brandschutzmaßnahme einen höheren Anteil übernehmen muss. Bei den reaktiven Systemen äußert sich dieses durch größer werdende Schichtdicken der reaktiven Komponente.

Reaktive Brandschutzsysteme auf anderen Untergründen

Es gibt reaktive Brandschutzsysteme, die auch auf anderen Untergründen als Stahl angewendet werden dürfen. Hierbei handelt es sich z.B. um reaktive Systeme auf Holz. Diese führen aber nicht zu einer Feuerwiderstandsdauer, sondern meist zu einer Verbesserung des Brandverhaltens des Baustoffs von normalentflammbar zu schwerentflammbar. Hierdurch können Hölzer, die mit einer Schutzschicht versehen sind, in Bereichen verwendet werden, in denen "schwerentflammbare" Oberflächen vorgeschrieben sind.
Für Beton gibt es Ansätze zur Verbesserung der Feuerwiderstandsdauer. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass beim Beton bei ca. 100 °C das enthaltene Wasser ausgetrieben wird, was der Wirkungsweise eines reaktiven Systems entgegensteht. Diese Systeme benötigen höhere Temperaturen, um die Schutzwirkung entfalten zu können. Für Aluminiumtragwerke starten auf europäischer Ebene gerade die Vorbereitungen für ein Normungsprojekt, um den Feuerwiderstand mit einer reaktiven Beschichtung zu erhöhen.

Zusammenfassung

Reaktive Brandschutzsysteme für tragende Bauteile stellen eine Möglichkeit dar, bei filigranen Konstruktionen die bauordnungsrechtlichen Schutzziele sicherzustellen. Die Anwendung ist komplex, sodass hohe Anforderungen an die auf der Baustelle verarbeitenden Unternehmen gestellt werden.

Der Hauptanwendungsfall sind Stahlbauteile, da auf diesem Untergrund nennenswerte Steigerungen der Feuerwiderstandsfähigkeit erzielt werden können. Aber auch auf anderen Untergründen können brandschutztechnische Verbesserungen erzielt werden.

In Deutschland werden parallel Kombi-Bescheide mit Regelungen zum Produkt und zur Anwendung des Produktes auf rein deutscher Basis sowie reine allgemeine Bauartgenehmigungen für Produkte mit Regelungen nach einer ETA vorhanden sein.

Auszug aus „Reaktive Brandschutzbeschichtungen / Brandschutzsysteme“ in der Online-Reihe „Brandschutz Basics“, Beitrag von Thorsten Mittmann, veröffentlicht von FeuerTrutz Network.

Quelle (29)

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