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EuGH-Urteil kippt die Verbindlichkeit der HOAI

Mit dem Urteil vom 4. Juli 2019 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Mindest- und Höchstsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nicht mehr verbindlich vorgeschrieben werden dürfen und gegen Europarecht verstoßen. Die Honorare seien zukünftig frei zu vereinbaren.

Der Gerichtshof begründet seine Entscheidung mit der 2006 verabschiedeten EU-Dienstleistungsrichtlinie. Nach dieser Richtlinie soll in einem freien europäischen Binnenmarkt der Wettbewerb grundsätzlich auch über den Preis möglich sein. Etwas anderes gilt nur, wenn das verbindliche Preisrecht zwingend erforderlich ist, um höherrangige Güter wie Leben oder Gesundheit zu schützen. Die Bundesregierung hat dargelegt, dass eine verbindliche Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen genau diese Anforderungen erfüllt und somit ein wichtiger Bestandteil einer ganzen Reihe qualitätssichernder Regelungen ist, wie der Schutz der Berufsbezeichnung, die Fortbildungspflicht oder die berufsethischen Standards zum Schutz der Baukultur. Denn die HOAI verhindert einen ruinösen Preiswettbewerb, um Auftraggebern die bestmöglichen Leistungen zu sichern. Der Gerichtshof ist dieser Argumentation grundsätzlich gefolgt, hält es jedoch für nicht kohärent, dass Planungsleistungen in Deutschland auch von Personen erbracht werden dürfen, die keine entsprechende fachliche Eignung nachgewiesen haben.

Die Leistungsphasen und Honorarsätze der HOAI sind seit Jahrzehnten als Grundlage für das Planen und Bauen in Deutschland etabliert. Sie bieten einen verlässlichen Rahmen für Bauherren, Planer und Bauausführende. Die HOAI gewährleistet zudem eine große Rechtssicherheit für alle am Bau Beteiligten, da sich Rechtsprechung und Praxis tiefgreifend mit den einzelnen Leistungsbildern auseinandergesetzt haben.

„Sowohl für unseren Berufsstand als auch für die Auftraggeber bedeutet diese Entscheidung einen bedeutsamen Einschnitt, da die wissenschaftlich ermittelten Honorarsätze zukünftig nicht mehr verpflichtend gelten, und wir neben Leistung und Qualität verstärkt auch über den Preis verhandeln müssen,“ sagt die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (BAK), Barbara Ettinger-Brinckmann. Die BAK strebt nun an, „die Leistungsbilder und Honorarsätze der HOAI mit Zustimmung der Bundesländer zumindest als abgeprüften Referenzrahmen zu erhalten.“ Denn es sei ihnen wichtig, „auch weiterhin auf Basis angemessener Honorare arbeiten zu können, um Auftraggebern den ganzheitlichen Leistungsumfang zukommen lassen zu können, der zur optimalen Lösung baulicher Aufgaben notwendig ist“.

Das Urteil finden Sie auf der Webseite der Bundesarchitektenkammer.

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