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Brandschutz für E-Fahrzeuge in Park- und Tiefgaragen

Elektrofahrzeugen haftet der Ruf an, ein besonderes Brandrisiko darzustellen. Die Stadtverwaltungen von Kulmbach, Göppingen und Leonberg sperrten über mehrere Monate Tiefgaragen für E-Autos, nachdem es zu mehreren Bränden gekommen war – die allerdings bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ihren Ausgang nahmen.

Im Februar 2022 wies das Amtsgericht Wiesbaden das Verbot einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zurück, die Mietern die Nutzung einer Tiefgarage durch Elektroautos untersagt hatte. Solche Fälle sind Zeichen einer weitverbreiteten Angst, dass von in Tiefgaragen geparkten elektrobetrieben Fahrzeugen eine unkalkulierbare Brandgefahr ausgehen könnte. Damit rückt der Brandschutz in Garagen bei fortschreitender E-Mobilisierung weiter in den Fokus von Brandschützern und der Öffentlichkeit.

Außergewöhnliches Brandverhalten und hohe Brandlast

Die mit Lithium-Ionen-Batterien ausgestatten Elektroautos haben ein anderes Brandverhalten als konventionelle Fahrzeuge. Ist die Batterie beschädigt oder anderweitig defekt, kann es zu einem Thermal Runaway kommen – einer exothermen chemischen Kettenreaktion, bei der bis zum Zehnfachen der elektrischen Ladung der Batterie explosionsartig als Wärme freigesetzt wird. In nur wenigen Sekunden kann der Fahrzeuginnenraum brennen. Die von der Batterie ausgehenden Stichflammen erreichen Temperaturen von über 1.000 °C. Bei modernen Fahrzeugen kommt hinzu, dass die in ihnen verbauten Kunststoffverkleidungen, breitere Reifen sowie weitere Plastikelemente im Bereich des Motors eine zum Teil um das Dreifache höhere Brandlast bilden, als das bei Automobilen vor der Jahrtausendwende der Fall war.

Bestätigung durch ein Forschungsprojekt

Zwischen 2017 und 2020 fand unter Federführung eines Forschungskonsortiums um die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) das Projekt SUVEREN statt. Der Name steht für „Sicherheit in unterirdischen städtischen Verkehrsbereichen bei Einsatz neuer Energieträger“. Das Forschungsprojekt untersuchte in besonderem Maße das Brandverhalten von Elektrofahrzeugen sowie Batteriebrände. Dabei stellte sich unter anderem heraus, dass mit einer hohen Branddynamik eine außergewöhnliche Wärmefreisetzung einhergeht, auf die eine Bildung toxischer Gase erfolgt. Da die Brandlast heutiger Fahrzeuge – unabhängig vom Antrieb – höher ist, muss mit einer maximalen Wärmefreisetzung von rund 7 Megawatt (MW) und einer schnellen Brandentwicklung gerechnet werden.

Kein erhöhtes Brandrisiko bei Stromern

Erschwerend kommt hinzu, dass auch der Löscheinsatz unter problematischen Bedingungen abläuft. So sind laut Medienberichten rund 22.000 Liter Löschwasser nötig, um die in Brand geratene Batterie eines Tesla S zu neutralisieren. Ein Liter Wasser kann sich unter Hitzeeinfluss in bis zu 1.700 Liter Wasserdampf verwandeln, was in Garagen eine extreme Einschränkung der Sicherverhältnisse bedeutet und den Einsatz von Löschrobotern notwendig machen könnte.

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und des Deutschen Feuerwehrverbands (DFV) geht von Elektrofahrzeugen im Vergleich zu solchen mit Verbrennungsmotor keine erhöhte Brandgefahr aus. Brandschutztechnische Bedenken und Maßnahmen sind daher hauptsächlich von dem Umstand getragen, dass ein Garagenbrand auch batteriebetriebene Fahrzeuge mit speziellen Anforderungen an die Brandbekämpfung erfassen könnte, die selbst aber nicht brandursächlich sind.

Akkubrände sehr selten

Die vom Verein Deutscher Ingenieure herausgegebenen VDI-Nachrichten werden noch deutlicher: Die in den Medien vermehrt auftauchenden Fälle von in Brand geratenen Elektroautos beruhten laut dieser Quelle hauptsächlich auf deren höheren Verkaufszahlen. Tatsächlich jedoch kommen Brände dieser Fahrzeuge vergleichsweise selten vor. Weil die Akkus von E-Autos thermisch isoliert eingebaut sind, würden bei einem Brand des restlichen Fahrzeugs dennoch nur sehr wenige reine Akkubrände gemeldet.

Welche baulichen Regelungen gibt es?

Der Brandschutz in Park- und Tiefgaragen ist in der Muster-Garagenverordnung (M-GarVO) der Arbeitsgemeinschaft der für das Bauwesen zuständigen Minister (ARGEBAU) geregelt. Weil Baubestimmungen Ländersache sind, liegen in den einzelnen Bundesländern Garagenverordnungen (GarVO) vor, die sich an die M-GarVO anlehnen. Spezielle, den Brandschutz von Elektrofahrzeugen betreffende Regelungen für den Garagenbau gibt es derzeit noch nicht. Weil nur der Fahrzeugakku maßgeblicher Unterschied zwischen E-Auto und Verbrenner ist, lag für die Gremien offenbar kein substanzieller Anlass für elektrospezifische Regularien vor.

Besonderheiten brennender E-Autos in Garagen

Die eingangs erwähnte WEG hatte ihr Verbot von Elektroautos in der Tiefgarage auf Argumente gestützt, die jedoch im Gegenteil spezifische Maßnahmen einfordern könnten. So wird darauf verwiesen, dass brennende Akkus nicht mit Löschschaum, sondern Wasser heruntergekühlt werden müssen – was die Brandbekämpfung in Tiefgaragen vor eine Herausforderung stelle. Auch müssten brennende Elektrofahrzeuge von der Feuerwehr zum Ausbrennen in einen sicheren Container gezogen werden. Nicht in jeder Tiefgarage hätte ein solcher Container Platz.

Aus den SUVEREN-Tests lassen sich weitere Punkte ableiten, auf die es für den Brandschutz und Brandbekämpfung in Garagen ankommt. Da wäre die Schwierigkeit, einen brennenden Akku mit Löschmitteln zu kühlen, da dessen Platzierung ungünstig zu erreichen ist. Ohnehin zielen die Löschmaßnahmen in Garagen aber dahin, zuerst die Umgebung eines brennenden Fahrzeuges zu schützen. Das Wasser in Brandbekämpfungsanlagen hat sich als effektives Löschmittel bei der Kühlung des Akkus sowie von abbrennenden Elektrolyten erwiesen. Funktionstüchtige und intelligent angelegte Brandmelde- und Sprinkleranlagen sind denn auch wichtige Bausteine der kontrollierten Brandbekämpfung und des Zeitgewinns bis zum Eintreffen der Feuerwehr.

Hohe Sicherheitsstandards in Deutschland

Versicherungsunternehmen widmen sich diesem Thema pragmatisch: Tiefgaragen sind im Brandfall als sicher einzustufen, wenn die baulichen Mindestanforderungen eingehalten wurden, dort keine defekten Elektrofahrzeuge parken und in der Nähe von Ladestationen keine brennbaren Materialien lagern. Die Feuerwehr sollte einen einfachen Zugang zur Garage haben. Generell sind, laut Statements der Versicherungsbranche, die Sicherheitsstandards in Deutschlands Garagen so hoch, dass dort Brände von Fahrzeugen sehr selten sind.

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