BRANDSCHUTZ – FACH­IN­FOR­MA­TIO­NEN FÜR PROFIS

Artikel

Forschungsprojekt der Ruhr Universität untersucht Zusammenwirken von Stahl und Beton für verbesserten Brandschutz

2020 auf der A40 bei Mühlheim: Der alkoholisierte Fahrer eines Tanklasters verursacht einen Unfall, bei dem sein Fahrzeug in Flammen aufgeht. Über der Unfallstelle spannen sich drei in dichten Abständen parallel verlaufende Eisenbahnbrücken, auf die das Feuer übergreift und sie für den Bahnverkehr unbrauchbar macht. Ihre Stahlträger halten nicht, alle drei müssen abgerissen werden.

Solche verheerenden Brandkatastrophen sind in Deutschland glücklicherweise selten. Dennoch brachte dieser Tanklaster-Brand Forscher der Ruhr Universität Bonn auf eine wichtige Spur. Sie soll zu einer besseren Auslegung von Bauwerken für den Brandfall führen. Der Schlüssel könnte die Kombination von Beton und Stahl im Verbundbau sein.

Optimierung der Hitzebeständigkeit

Am Lehrstuhl für Stahl-, Leicht- und Verbundbau untersucht ein Projektteam mit Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft die Tragfähigkeit von Bauwerken aus Stahl und Beton. Die Ergebnisse sollen als Grundlage für die Weiterentwicklung von Normen dienen, die beim Bau von Hochhäusern oder Brücken die Hitzebeständigkeit vorgeben. Mit einem besseren Zusammenhalt von Stahl und Beton könnten Bauwerke möglicherweise für eine längere Tragfähigkeitsdauer unter Hitzeeinwirkung ausgelegt werden und damit die Brandbekämpfung und die Rettung von Menschenleben unterstützen.

Experimente im Ofen

Anhand der Eisenbahnbrücken über der A40 wurden erst die längs und quer verlaufenden Stahlträger aus unterschiedlich dicken Blechen, dann die Betonplatte analysiert. Sie liegt bei diesen und ähnlichen Brückenbauten auf den Stahlträgern auf und ist mit Bolzen mit diesen verbunden. Diese Verbindung sorgt dafür, dass die Betondecke von den Stahlträgern getragen wird und sich zugleich auch selbst trägt. Doch welche Schlüsse lassen sich daraus hinsichtlich der Hitzebeständigkeit ziehen?

Für eine realistische Untersuchung des Brandverhaltens nutzt das Projektteam einen großen Modulofen in einer Werkhalle, dessen Hitzeentwicklung bis zu 1200 Grad Celsius reicht. In diesen Versuchsofen schoben die Forscher verschiedene Stahl-Beton-Trägerkonstruktionen, wie sie in Brücken zum Einsatz kommen. Dabei ragten sie auf beiden Seiten aus dem Brennraum heraus und wurden dort entweder nieder- oder hochgedrückt. Bei der Untersuchung interessierte vor allem, unter welchen Bedingungen es in einem Träger zu Verschiebungen kommt, die zum Versagen der Konstruktion führen. Kurz: Bei welcher Last und welcher Temperatur gibt der Stahl-Beton-Verbund nach?

Erste Rückschlüsse auf mögliche Anpassung der Bauweise

Bekannt ist: Ab 400 Grad Celsius verliert Stahl seine Steifigkeit und wird labil. Doch das Zusammenwirken von Beton und Stahl im Brandfall war für die Forschung bislang Neuland. Aktuell werden Belastungstests mit verschiedenen Versuchsträgern im Stahl-Beton-Verbund gemacht, um deren Hitzebeständigkeit sowie deren Versagen unter Druck im Brandfall festzustellen. Aus den so gewonnenen Erkenntnissen soll ein numerisches Modell zur Berechnung der Tragfähigkeit von Stahl-Beton-Trägerkonstruktionen entwickelt werden. Dieses könnte zukünftig als Tool für Ingenieure dienen, um Bauwerke normkonform – also nach Zielwerten der Hitzebeständigkeit – zu planen. Daraus ergeben sich wertvolle Impulse für den Materialeinsatz, die Bauzeit, Baukosten und natürlich das Verhalten im Brandfall. Nach den bisherigen Forschungsergebnissen liegt es beispielsweise nahe, dass die bislang eingesetzten Stahlträger womöglich zu groß dimensioniert sein könnten – „für alle Fälle“, da der Einfluss der Betonplatte im Brandfall nicht wirklich bekannt ist. Im weiteren Verlauf des Forschungsprojekts wird sich herausstellen, ob künftig bei gleicher Sicherheitsqualität schlanker gebaut werden kann und sich durch einen optimierten Verbund von Stahl und Beton der Brandschutz von Bauwerken weiter erhöhen lässt.

Zurück