Mecklenburg-Vorpommern beschließt neue Richtlinie zur Verbesserung des Brandschutzes in Stallanlagen
Im März 2021 brannte eine Schweinezuchtanlage in Alt Tellin in Mecklenburg-Vorpommern nieder. Dabei kamen rund 55.000 Tiere um. Zwei Menschen wurden verletzt. Allein die Abriss- und Aufräumarbeiten der restlos zerstörten Stallanlage dauerten mehrere Wochen.
Der Schaden belief sich auf etwa 40 Mio. Euro. So etwas dürfe sich nicht wieder ereignen, forderten damals Landespolitiker. Nun hat die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern eine neue Richtlinie zur Verbesserung des Brandschutzes in Tierhaltungsanlagen beschlossen.
Der Weg zu neuen Brandschutzregeln
Verheerende Stallbrände sind in Deutschland keine Seltenheit. In Binde in Sachsen-Anhalt starben im April 2024 rund 20.000 Schweine, die auf einer Stallanlage des gleichen Betriebs wie in Alt Tellin untergebracht waren. Auch hier wurden zwei Menschen verletzt. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft schätzt für ganz Deutschland jährlich rund 5.000 Stallbrände. (Die Zahl stammt aus einem thematisch verwandten Blogbeitrag von 2022.)
Nachdem in Alt Tellin keine genaue Brandursache geklärt werden konnte, waren zumindest technische Defekte ausgeschlossen worden. Vermutlich handelte es sich um vorsätzliche oder fahrlässige Brandstiftung. Nach einem hitzigen Streit um die Urheberschaft des Genehmigungsverfahrens im Schweriner Landtag wurde in der Folge an neuen Brandschutzrichtlinien für Stallanlagen gearbeitet. Auch Arbeitsgruppen in anderen Bundesländern nahmen sich dieses Themas an. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte bereits 2021 zusammen mit den zuständigen Landesministerien das Sammeln von Vorschlägen für Neuregelungen des Brandschutzes angeregt. Man kam überein, dass der Brandschutz in Ställen nach Bauordnungsrecht grundsätzlich ausreichend sei, aber weiterer Regelungen bedarf.
Die Inhalte der neuen Richtlinie
Unter Hinzuziehung von Fachkreisen und verschiedenen einschlägigen Organisationen erfolgte im Sommer 2023 eine Anhörung der Schweriner Richtlinie, bei der Stellung bezogen werden konnte. Ihr vordringlichstes Ziel: die Brandvermeidung. Auch die sichere Früherkennung, das Mindern der Brandlast und das erfolgreiche Löschen von Entstehungsbränden sind Teil der Agenda.
Weil sich Stalltiere bei Gefahr eher zusammenrotten statt zu flüchten, ist die Brandverhütung das Thema Nr. 1 der neuen Richtlinie. Dem sollen in Zukunft folgende Maßnahmen dienen:
- Stallbau in kleineren Einheiten
- Einsatz nicht brennbarer Materialien am Bau
- geeignete Brandschutzeinrichtungen zur Verhinderung eines Übergreifens des Feuers
Außerdem regelt die neue Richtlinie die Löschwasserversorgung, das Unterteilen von Brandabschnitten, Zufahrtswege für Einsatzfahrzeuge, Betreiberpflichten sowie weitere als problematisch erkannte Punkte. Die wichtigsten sind:
- Eine Löschwassermenge von 192.000 Litern ist für zwei Stunden vorzuhalten. (Dieses sicherlich hoch dimensionierte Volumen erscheint aus Sicht der Landesregierung als notwendig für eine effektive Brandbekämpfung.)
- Die Stalltüren dürfen künftig nicht mehr gegen die Fluchtrichtung der Tiere aufschlagen.
- Stallanlagen mit mehr als 3.000 m² Nutzfläche benötigen jetzt Umfahrten für Feuerwehrfahrzeuge.
- Tierhaltungsanlagen dürfen für effektive Löschangriffe nicht breiter als 40 Meter sein.
- Um dem Betriebspersonal noch mehr Arbeitssicherheit zu bieten, wurde die Länge der Rettungswege auf maximal 35 Meter begrenzt.
Ebenso wird die Anzahl und die Mindestgröße der Rettungsausgänge neu geregelt. Maschinelle Anlagen müssen in den Ställen nachweisbar überhöhte CO- und CO₂-Konzentrationen bzw. kritische Temperaturen verhindern können. Eine Kontrolle von Stallbetrieben findet nun jährlich statt, nicht mehr alle drei Jahre wie bisher. Für die Schulung und Nachqualifizierung des Betriebspersonals besteht nun eine Verpflichtung bei Aufnahme des Arbeitsverhältnisses und danach jährlich.
Unverkennbar wurden in der neuen Brandschutzrichtlinie die Lehren aus der Aufarbeitung des Stallbrands von 2021 gezogen. Es bleibt nun abzuwarten, inwieweit der Vorstoß aus Mecklenburg-Vorpommern für Nachahmung in den anderen Ländern sorgt, die das Thema Stallbrand-Verhinderung ebenfalls auf ihrer Prioritätenliste haben.
Anmerkung der Redaktion: Diese Richtlinie muss erst nach der europäischen Binnenmarkttransparenzrichtlinie 2015/1535 notifiziert werden und wurde daher noch nicht im Amtsblatt M-V veröffentlicht (Stand: Juli 2024).
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