BRANDSCHUTZ – FACH­IN­FOR­MA­TIO­NEN FÜR PROFIS

Ein Parkhaus aus Holz: Welche Anforderungen gelten für den Brandschutz?

Bei der Errichtung eines modernen Parkhauses in Wendlingen am Neckar die Wahl auf den Baustoff Holz. Für den Brandschutz ergeben sich daraus besondere und zum Teil ungewöhnliche Schlussfolgerungen.

Holz ist ein Baustoff, der die Menschheit von Beginn an begleitet hat. Mit der Wiederentdeckung seiner Vorteile – auch im Hinblick auf die ökologischen Qualitäten – rückt das Baumaterial Holz heute verstärkt ins planerische Interesse. Da Holz sich als hoch verfügbarer, nachwachsender Rohstoff auszeichnet, der Kohlendioxid bindet und auch wegen seiner Weiterverwendbarkeit nach einem Gebäudeabriss bei Architekten hoch im Kurs steht, werden inzwischen Holzbau-Projekte angegangen, an die bis vor kurzem niemand gedacht hat.

Das Projekt: ein offenes oberirdisches Parkhaus

Das Parkhaus hat die Form einer Ellipse und besitzt fünf oberirdische Parkebenen mit Stellplätzen für 349 Autos und 221 Fahrräder. Das Gebäude ist zu großen Teilen eine Massivholzkonstruktion. Der Holzanteil in den Unterzügen, den Decken und Stützen liegt bei 47 Prozent. Vielfach wurde sogenannte Baubuche eingesetzt, die eine hohe Festigkeitsklasse aufweist. Zahlreiche Holzbauteile wurden vorgefertigt auf die Baustelle geliefert, weshalb das gesamte Parkhaus in nur vier Monaten fertiggestellt werden konnte.

Vorbeugender Brandschutz: Was die Garagenverordnung vorsieht

Als oberirdische Garage fällt das neue Parkhaus in der Neckarstadt in die Gebäudeklasse 3. Außerdem gelten spezifische Anforderungen der Garagenverordnung (GaVO). Dort regelt § 6 für „Tragende Wände, Decken und Stützen von offenen Mittel- und Großgaragen“, dass diese nichtbrennbar sein müssen, wenn die tragenden Wände, Decken und Stützen nicht feuerbeständig sind. Diese durchaus übertrieben scheinende Regelung wirft bei vielen Brandschutzplanern Fragen auf. Sie haben denn auch von der GaVO abweichende Sicherheitsmaßnahmen eingeplant. Teils technischer Art – teils baulicher. Um Menschen im Brandfall zu retten und Löscharbeiten zu erleichtern, entstanden zwei mehrgeschossige Treppentürme aus Stahlbeton. Dies erschien notwendig, da das Holzparkhaus eine offene Konstruktion ist und auch sein Inneres nur begrenzt gegen eine mögliche Feuer- und Rauchausbreitung gesichert werden kann.

In Bezug auf die von GaVO § 6 geforderte Feuerwiderstandsfähigkeit wurde bei der behördlichen Genehmigung eine Senkung von 90 Minuten auf 60 Minuten erwirkt. Um dieses Zeitfenster zu kompensieren, gelangte neben den bereits genannten Treppenkonstruktionen eine ganz Reihe von Brandschutzmaßnahmen zur Umsetzung – von rechtzeitiger Branderkennung über gesicherte Angriffs- und Rettungswege bis hin zur nötigen Standsicherheit für die Einsatzkräfte.

Interessantes Detail: Holz als robuste Konstruktion

Im Falle einer oberirdischen Großgarage aus Holz hält die GaVO einige Herausforderungen bereit. Einerseits sorgt sie für Erleichterungen, indem etwa der Feuerwiderstand bei nichtbrennbaren Materialien nicht oder nicht konkret definiert wird. Andererseits stellt sie zum Ausgleich hohe Anforderungen an die Robustheit. Diese muss beispielsweise sicherstellen, dass eine brennende Holzkonstruktion nicht bereits einstürzt, wenn sie nur partiell beschädigt wurde, was das Leben von Löschkräften gefährden könnte.

Spannend für Brandschutzplaner, die erstmals in diesen Umfang mit dem Baustoff Holz in Verbindung kamen: Untersuchungen haben gezeigt, dass im Vergleich mit nichtbrennbaren konventionellen Bauteilen Holz im Sinne das Brandschutzes als „robuste Konstruktion“ gilt, wobei die Schwächung ihrer Tragfähigkeit unter Hitzeeinwirkung auf anderen physikalischen Prozessen beruht. Damit erfüllt Holz in diesem Punkt die geforderten Schutzziele.

Computersimulation: Holzkonstruktion mit normgerechten Werten

In computerbasierten Brandsimulationen nach dem Computational Fluid Dynamics Modell wurden der mögliche Brandverlauf bis zum Gebäudeeinsturz sowie die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden Teile untersucht und analysiert. Ergebnis: Nach etwa elf Minuten hat der von einem Fahrzeug ausgehende Brand das halbe Parkdeck erfasst. Auch wenn man voraussetzt, dass dann bereits erste Löscharbeiten im Gange sind, werden diese wahrscheinlich eine weitere Ausbreitung des Feuers nicht verhindern können. Das Tragverhalten von Holz erfüllt auf der anderen Seite die hinsichtlich der Abbrandrate in der DIN EN 1995-1-2 festgelegte Norm. Zumindest in der Simulation lässt sich damit nachweisen, dass Holztragwerke im Brandfall von ähnlicher Robustheit wie solche aus Stahl sind. Daher bieten auch brennende Holzbauten ausreichend Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen und Löschmaßnahmen einzuleiten.

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