BRANDSCHUTZ – FACH­IN­FOR­MA­TIO­NEN FÜR PROFIS

Artikel

Wenn Kulturgüter in Flammen aufgehen – der Brandschutz historischer Gebäude als besondere Herausforderung

Sie war das Wahrzeichen von Kopenhagen: die im 17. Jahrhundert erbaute Alte Börse mit dem markanten Spitzturm, der die Stadtsilhouette prägte. Im April 2024 ging das historische Gebäude in Flammen auf. Der Turm brach zusammen, mit ihm der größte Teil der Fassade und tragende Strukturen. Über 50 Prozent des Repräsentationsbauwerks wurden vom Feuer zerstört. Dieses nicht nur für die Dänen negativ-ikonische Ereignis lenkt den Blick auf die Besonderheiten des Brandschutzes von historischen Bauwerken.

Kopenhagens alte Börse und Notre-Dame de Paris

In der Alten Börse waren Bauarbeiten zugange. Ob sie Einfluss oder gar Ursache des verheerenden Brandes waren, wird derzeit noch ermittelt. Bezeichnend aber ist, dass historische Bauwerke naturbedingt ein Fall für Sanierung und Restaurierung sind – mit allen damit verbundenen Brandrisiken. Die Zerstörung der weltberühmten Kathedrale Notre-Dame de Paris 2019 ist der vielleicht schlimmste im öffentlichen Bewusstsein verankerte Großbrand eines Gebäudes aus lange zurückliegenden Zeiten. Nach einem ebenso spektakulären Wiederaufbau – die Eröffnung soll im Dezember 2024 stattfinden – werden auch in Paris noch Antworten gesucht, wie es dazu kommen konnte. Die Brandursache konnte jedenfalls nicht ermittelt werden. Möglich sind ein Kurzschluss oder eine achtlos weggeworfene Zigarette. Auch damals wurden Sanierungsarbeiten am Dach durchgeführt.

Alte Bauwerke haben ihre Eigenheiten

Der für das epochale Bauwerk zuständige einzige Sicherheitsbeauftragte war am Brandtag mangelhaft geschult und kannte sich mit der Brandmeldeanlage nicht aus. So wurde die Feuerwehr erst eine halbe Stunde nach Ausbruch des Brandes alarmiert. Dies zeigt, dass Brandschutzmaßnahmen an derartigen Bauwerken ganz spezielle Anforderungen zu meistern haben. Historische Gebäude wurden nicht nach modernen Musterbauordnungen und heutigen Brandschutzvorschriften errichtet. Bei ihrer Planung vor Jahrhunderten spielten sicher zeitgemäße Brandschutzkonzepte eine Rolle – die aber sicher keine heutigen Anforderungen erfüllen können.

Auch das Baumaterial von gestern und heute unterscheidet sich immens. So wurde das niedergebrannte Dach von Notre-Dame einst von 1.300 mächtigen Eichenbalken gestützt. Jeder stammte von einem anderen Baum, der im 12. und 13. Jahrhundert gefällt wurde. Diese Konstruktion hatte deshalb den Namen „der Wald“. Deswegen waren in diesem Bereich der Kathedrale keine Elektroinstallationen untergebracht, wohl aber eine Rauchmeldeanlage.

Risikofaktor Sanierung

Sanierungsarbeiten in historischen Gebäuden erfordern einen ganz speziellen Grad an Vorsicht. Das betrifft nicht nur mögliche Heißarbeiten und ähnliche Gefahrenpotenziale. Auch die auf der Baustelle tätigen Menschen müssen in einem besonderen Verantwortungsbewusstsein geschult werden. Die im Hinblick auf die jeweilige individuelle Gebäudestruktur getroffenen Sicherheitsvorkehrungen erfordern unbedingte Kompromisslosigkeit beim Brandschutz.

Welche Brandschutztechnik ist angebracht?

Bei der Implementierung von Brandschutzsystemen sind Einfallsreichtum und Augenmaß gefragt. Natürlich kann man nicht mitten in das prächtige Deckenfresko eine Sprinkleranlage einbauen. Aber vielleicht gibt es einen weniger im Mittelpunkt stehenden Deckenbereich oder eine unscheinbare Verkleidung an der Wand, die sich ebenfalls als Positionierung für Sicherheitstechnologie eignet, ohne den visuellen Gesamteindruck zu zerstören. In Paris hatte man sich aus mehreren Gründen dagegen entschieden, feste Löschwasserleitungen bis in den Dachstuhl zu verlegen. Eine solche Maßnahme ist nicht zuletzt eine Kostenfrage. Ohnehin ist die Sanierung historischer Bauwerke ein teures Unterfangen. Hier muss abgewogen werden, inwieweit Authentizität, Wirtschaftlichkeit und Brandschutz unter ein Dach zu bekommen sind. Ein aufwendiger Wiederaufbau im Brandfall schlägt jedoch allemal alle Sanierungskosten.

Digitaler Brandschutz und Helfermotivation

BRAWA ist der Projektname eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbunds aus Industrie und Forschung. Ziel dieser Partnerschaft ist der Schutz von Kulturgütern und die Verhinderung von Bränden an historischen Bauwerken – und dies möglichst schon im Frühstadium einer Brandentstehung. Dabei wird der Einsatz modernster Technologie präferiert. Eigens entwickelte High-Tech-Sensoren können künftig geringfügigste Vorkommnisse erfassen und über eine Sensornetzwerk-App an definierte Ersthelfer melden. Das sind beispielsweise Personen, die sich berufsbedingt in dem Bauwerk aufhalten. Sie erhalten eine spezielle Ausbildung, die sie unter anderem befähigt, Schwelbrände rechtzeitig zu erkennen.

Nicht nur in Paris, auch beim Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek im Jahr 2004 in Weimar hatte ein unentdeckter Schwelbrand zu einer Brandentwicklung geführt, die sich nicht mehr unter Kontrolle bringen ließ. Ursache war ein defektes Kabel. Die mit der digitalen Brandschutztechnik einhergehende Früh-Alarmierung durch Helfer ist nach Ansicht der BRAWA-Planer auch eine Frage der gezielten Motivation: dass sich alle mit dem historischen Bauwerk befassten Menschen auch dessen überragender Bedeutung als einzigartiges Kulturgut bewusst sind. Denn jede Nachlässigkeit stellt eine potenzielle Brandgefahr dar.

Zurück